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Schwangerschaftsdiabetes – Diagnose und Behandlung

Nadine Scheiner
31 Aug 2021
8 min.
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Bei einem Schwangerschaftsdiabetes handelt es sich um eine Form von Diabetes mellitus, also um eine Zuckerkrankheit. Sie wird auch Gestationsdiabetes bezeichnet. Diese tritt im Lauf der Schwangerschaft erstmals auf und wird normalerweise durch den Gynäkologen diagnostiziert. Teilweise wird ein Diabetes in der Schwangerschaft unter der Bezeichnung „Typ-4-Diabetes“ geführt. Habt ihr schon vor der Schwangerschaft unter einem Diabetes gelitten, wird normalerweise nicht von einem Schwangerschaftsdiabetes gesprochen.

Hinsichtlich der Zahl der Schwangerschafts-Diabetes-Fälle ist in Deutschland seit einigen Jahren ein Anstieg zu verzeichnen. Schätzungsweise betrifft diese Erkrankung derzeit etwa 3,7 Prozent aller Schwangeren. 

Diabetes Schwanger
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Wo liegen die Ursachen des Schwangerschaftsdiabetes?

Die Gründe für das Auftreten einer Zuckerkrankheit während der Schwangerschaft sind oft hormoneller Natur. In der Schwangerschaft erhöht der weibliche Körper die Produktion von Hormonen wie Östrogen, Kortisol, Progesteron, Prolaktin und Plazentalaktogen. Diese gesteigerte Ausschüttung kann den Insulin-Haushalt durcheinanderbringen. Dies geschieht, da die genannten Hormone dafür sorgen, dass im Körper größere Mengen an Energie zur Verfügung gestellt werden, um die Entwicklung des im Mutterleib heranwachsenden Kindes bestmöglich zu fördern. In der Regel wird von eurem Körper genügend Insulin in der Bauchspeicheldrüse produziert, um mit dieser Erhöhung des Blutzuckerspiegels umgehen zu können. In manchen Fällen ist dies aber nicht so, was wiederum dazu führt, dass ein Schwangerschaftsdiabetes auftritt. Euer Körper reduziert im Laufe der Schwangerschaft die Insulinproduktion. Daher kann es zu Veränderungen im Stoffwechsel einer Insulinresistenz bei euch kommen.

Es wird zudem davon ausgegangen, dass viele der betroffenen Frauen bereits vor dem Eintritt der Schwangerschaft unter einer eingeschränkten Insulinsensitivität leiden. Mit der fortschreitenden Schwangerschaft verstärkt sich dieser Effekt. Grund dafür ist, dass die Zellen in eurem Körper bereits ab der 20. Schwangerschaftswoche noch deutlich unempfindlicher auf das Insulin reagieren. Dies ist übrigens auch einer der Gründe, warum der Zuckertest beim Gynäkologen in diese Zeit fällt.

Wer gehört zur Risikogruppe?

Einige Frauen gehören einer Risikogruppe an. Das heißt, bei euch ist die Gefahr, dass es zu einem Diabetes in der Schwangerschaft kommt, deutlich höher. Dazu gehören Frauen, bei denen einer oder auch mehrere der folgenden Risikofaktoren auftreten:

  1. Übergewicht

Besonders stark gefährdet an einem Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken seid ihr dann, wenn ihr zu starkem Übergewicht neigt. Die Gefährdung steigt hier ab einem Body Mass Index (BMI) oberhalb von 27. Bei vorliegender Adipositas kann es daher sein, dass Hebamme und Frauenarzt euch ganz besonders im Auge behalten und den Zuckerspiegel öfter kontrollieren. Dies gilt übrigens auch dann, wenn sich euer Übergewicht erst im Laufe der Schwangerschaft bildet. Natürlich ist eine Gewichtszunahme während der Schwangerschaft normal. Hier gibt es aber Werte, die deutlich machen, wann ihr eine zu hohe Zunahme habt.

 

  1. Genetik

Ihr habt bereits einen oder auch mehrere Fälle an Diabetes in der Familie? Dies ist besonders dann ein Risiko, wenn es sich bei den Betroffenen um Verwandte 1. Grades handelt. Es wird davon ausgegangen, dass eine Beeinflussung durch genetische Faktoren durchaus besteht. Ihr könnt bei euren Eltern oder Geschwistern also nachfragen, ob hier ein Diabetes vorliegt oder bei eurer Mutter in der Schwangerschaft vorgelegen hat.

 

  1. Alter

Je älter ihr bei eurer Schwangerschaft seid, umso höher ist auch das Risiko, dass ihr einen Schwangerschaftsdiabetes ausbildet. Ab welchem Alter genau sich das Risiko erhöht, ist nicht ganz klar. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Teilweise heißt es, dass dieses bereits ab 30 Jahren der Fall ist. Einige Experten sagen aber auch, dass erst 35 oder älter ein Risiko darstellt.

 

  1. Vorherige Schwangerschaften mit einem Diabetes oder fehlgebildeten Kindern

Wenn ihr schon in einer oder mehreren vorangegangenen Schwangerschaften einen Diabetes hattet, erhöht sich das Risiko, dass dies bei einer weiteren Schwangerschaft ebenfalls der Fall ist. Dies gilt auch dann, wenn ihr schon einmal oder mehrmals ein besonders schweres Kind bekommen habt oder euer Kind aus der vorangegangenen Schwangerschaft eine Fehlbildung hatte.

 

Was sind die Symptome eines Schwangerschaftsdiabetes?

Da sich im Leben einer Frau im Laufe einer Schwangerschaft viele körperliche Veränderungen ergeben, wird das Vorliegen eines Schwangerschaftsdiabetes oft nicht sofort festgestellt. Denn das häufigste bereits früh auftretende Symptom ist ein gesteigerter Durst, welcher entsprechend zu einem erhöhten Harndrang führt. Aber auch die folgenden Reaktionen des Körpers sind ein Hinweis:

  1. Müdigkeit

Schwäche und Müdigkeit treten dagegen bei diesem Diabetes Typ in der Regel nur in schwacher Form auf. Da solche Ermüdungserscheinungen aber bei Schwangeren nicht ungewöhnlich sind, wird auch in diesem Zusammenhang meist nicht auf einen Schwangerschaftsdiabetes geschlossen.

  1. Infekte der Harnwege oder Entzündungen im Bereich der Scheide

Im Voranschreiten der Erkrankung treten häufig Symptome auf, die klarer auf eine schwangerschaftsbedingte Zuckererkrankung schließen lassen. Hierzu gehören etwa gehäuft auftretende Harnwegsinfekte oder auch Scheidenentzündungen, da der im Urin enthaltene Zucker eine gute Grundlage für die Vermehrung von Bakterien bzw. Pilzen im Intimbereich bildet.

  1. Bluthochdruck

Im Rahmen eines Schwangerschaftsdiabetes kann es sein, dass ihr unter arterieller Hypertonie leidet. Der Bluthochdruck macht sich beispielsweise mit einem vermehrten Schwindelgefühl bemerkbar. Wichtig zu wissen ist, dass Bluthochdruck auch auf eine Gestose bzw. eine Präeklampsie hindeuten kann.

  1. Fruchtwassermenge

Mit dem Ultraschall kann die behandelnde Frauenärztin oder der Frauenarzt gegebenenfalls eine ungewöhnliche Steigerung der Fruchtwassermenge feststellen. Ist dies der Fall, wird bei euch vermutlich relativ kurzfristig ein Zuckertest durchgeführt. Zu viel Fruchtwasser kann aber auch andere Ursachen haben.

  1. Größe des Fötus

Es kann im Rahmen der Erkrankung zu einem übermäßigen Wachstum des im Mutterleib heranreifenden Kindes kommen. Nicht selten weisen Babys von Müttern, die an Schwangerschaftsdiabetes erkrankt waren, ein Geburtsgewicht von mehr als 4.500 Gramm auf. Auch die Größe des Babys liegt dann über dem Durchschnitt. Dies kann auch dazu führen, dass ein Kaiserschnitt notwendig wird oder es sogar zu einer Frühgeburt kommt.

Wenn ihr euch beim Auftreten eines oder mehrerer Symptome dieser Art nicht sicher seid, ist es im Zweifel immer besser, dass ihr euch umgehend ärztlichen Rat holt oder mit der Hebamme sprecht.

Schwangerschaftsdiabetes
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Wie erfolgt die Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes?

Kontrollen auf das Vorliegen eines Schwangerschaftsdiabetes werden in der Regel zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche (SSW) durchgeführt. Bei Patientinnen mit einem erhöhten Risiko erfolgt ein entsprechender Test gleich in der 24. SSW in Form eines oralen Glukosetoleranztests. Der Ansprechpartner, wenn ihr schon vorher Symptome bemerkt, ist immer erst einmal der Frauenarzt.

Ihr selber könnt die Arbeit der Ärzte dadurch erleichtern, dass ihr auf das Auftreten möglicher Symptome achtet. Hierbei ist hilfreich, dass ihr euch selber verschiedene Fragen stellt:

  • Hat sich in letzter Zeit mein Durstgefühl verstärkt?
  • Verspüre ich häufiger Müdigkeit und eine damit einhergehende Konzentrationsschwäche?
  • Wird mir häufiger schwindelig?
  • Ist es nach Eintritt der Schwangerschaft zu einer Schwächung meines Sehvermögens gekommen?
  • Sind in den letzten Wochen und Monaten Harnwegsinfekte oder auch Entzündungen der Scheide vorgekommen?

Auf diese Weise könnt ihr der Ärztin oder dem Arzt schneller und einfacher die mit einer Kontrolle auf Schwangerschaftsdiabetes in Zusammenhang stehenden Fragen beantworten.

Der Zuckerbelastungstest in der Übersicht

Der Glukosetest gehört in der Schwangerschaft zu den regulären Vorsorgeuntersuchungen und wird durch die Krankenkasse übernommen. Die Abkürzung für den oralen Glukosetoleranztest ist OGTT. Durchgeführt werden ein Vortest sowie der reguläre Test für den Zuckerstoffwechsel.

Der Vortest besteht aus einer Zuckerlösung, die 50 Gramm Glukose enthält. Nachdem ihr das Wasser mit der Glukose getrunken habt, wartet ihr eine Stunde und dann wird ein Bluttest durchgeführt. Wenn sich der Wert unter 7,5 mmol/l befindet, ist der Test vorbei und es gibt keinen Hinweis auf einen Diabetes. Liegt der Wert höher, wird der große Zuckertest bei euch gemacht.

Bei diesem Test ist es wichtig, dass ihr nüchtern seid und direkt zur Blutentnahme geht. Es wird nun erst einmal der Nüchternwert bei eurem Blutzucker bestimmt. Nun bekommt ihr erneut eine Zuckerlösung, die dieses Mal allerdings 75 Gramm Glukose enthält. Der Blutzucker wird dann bei euch nach einer und nach zwei Stunden geprüft. Sollte auch nur einer der Werte über den Grenzwerten liegen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Diabetes hoch.

Der Nüchternblutzucker darf nicht über 5,1 mmol/l liegen. Nach dem ersten Test darf der Blutzucker nicht über 10 mmol/l liegen und nach der zweiten Blutabnahme nicht über 8,5 mmol/l.

Diabetes Schwangerschaft
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Welche Behandlungen sind bei einem Schwangerschaftsdiabetes nötig?

Bei der Therapie eines Schwangerschaftsdiabetes geht es vor allem um die Zurückführung der Blutzuckerwerte auf ein gesundheitlich unbedenkliches Maß. Acht Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme sollte dabei der entsprechende Blutzuckerwert unterhalb von 95 mg/dl liegen. Zwei Stunden nach dem Essen sollte dieser nicht mehr als 120 mg/dl betragen.

Sofern hierfür eine Umstellung der Ernährung nicht genügen sollte, ist eine Behandlung mit Insulin in Spritzen der logische nächste Schritt. Erst einmal wird euch eine Ernährungsumstellung ans Herz gelegt. Oft mildern sich dann die Beschwerden bereits ab.

Im Hinblick auf die Ernährung werdet ihr dann aufgefordert darauf zu achten, dass ihr täglich nicht mehr als 2.000 Kalorien insgesamt bei den Mahlzeiten zu euch nehmt. Verzichten solltet ihr vor allem auf schnell resorbierbare Kohlenhydrate. Denn durch Weißmehl-Produkte oder auch Fruchtsäfte steigt der Zuckerspiegel im Blut übermäßig und schnell an.

Im Vergleich dazu wird die Energie aus Vollkornprodukten wesentlich langsamer und dauerhafter an den Körper abgegeben. Wichtig ist auch, dass ihr euch im Falle eines Schwangerschaftsdiabetes leicht und regelmäßig bewegt. Außerdem ist es wichtig, dass ihr für eine kontinuierliche und ausreichende Aufnahme von Flüssigkeit sorgt. Wasser ist natürlich die beste Wahl. Vielleicht mögt ihr aber kein Wasser oder schafft es nicht, die Menge zu trinken, die notwendig ist.

Wahlweise ist es möglich, auf ungezuckerten Tee zurückzugreifen. Sprecht dazu mit eurem Frauenarzt, wenn ihr unsicher seid. Beachtet das Kräutertee in der Schwangerschaft nicht immer optimal ist. Einige Kräuter können sich beispielsweise auf die Wehentätigkeiten auswirken.

Bewegung ist ein weiterer wichtiger Faktor. Nicht nur die Ernährung kann einen Einfluss auf die Entwicklung des Diabetes haben. Achtet darauf, dass ihr möglichst viel Bewegung habt, soweit es die Schwangerschaft zulässt. Dabei könnt ihr verschiedene Sportarten machen. Unter anderem eignen sich in der Schwangerschaft das Schwimmen sowie Walken oder auch Radfahren.

Wichtig: Sprecht mit dem Arzt ab, welche Sportarten für euch in der Schwangerschaft geeignet sind. Unter anderem ist es wichtig, dass die Schwangerschaft ohne Auffälligkeiten verläuft. Bei einem verkürzten Gebärmutterhals oder vorzeitigen Wehen sind viele Sportarten nicht möglich.

Medikamente bei einem Schwangerschaftsdiabetes

In der Schwangerschaft besteht bisher nicht die Möglichkeit einer Behandlung mit oralen Antidiabetika. Bisher ist nicht bekannt, ob die Medikamente einen Schaden beim Ungeborenen hervorrufen können. Um den Fötus zu schützen wird daher auf die Gabe verzichtet. Daher wird vor allem mit der Gabe von Insulin gearbeitet. Wenn die Gabe von Insulin bei euch nicht ausreicht, wird der Gynäkologe weitere Schritte veranlassen und euch möglicherweise zu einem Facharzt, dem Diabetologen, überweisen oder ins Krankenhaus einweisen.

Wichtig: Ihr habt Fragen rund um die Erkrankung und die Behandlung? Es ist euer gutes Recht, euch umfangreich zu informieren. Sollte etwas unklar sein, könnt ihr euch immer an euren behandelnden Arzt wenden.

Wie gestaltet sich der Krankheitsverlauf bei einem Schwangerschaftsdiabetes?

Für gewöhnlich verschwindet die während einer Schwangerschaft aufgetretene Zuckerkrankheit kurz nach der Entbindung. In neun von zehn Fällen lässt sich ein Schwangerschaftsdiabetes durch eine Anpassung der Ernährung in den Griff bekommen. Trotzdem hat die Erkrankung zur Folge, dass eine Risikoschwangerschaft vorliegt, da die Gefahr von Komplikationen steigt.

Solche Komplikationen können sich etwa in Form einer Unterzuckerung von Neugeborenen niederschlagen. Außerdem erschweren der bereits erwähnte höhere Blutdruck sowie Scheidenentzündungen gerade die Endphase einer Schwangerschaft. Auch das Risiko von Fehlgeburten ist durch das Vorliegen einer Zuckerkrankheit erhöht. Tritt der Diabetes bereits früh in der Schwangerschaft auf, besteht zudem die Gefahr von Fehlbildungen beim Kind in signifikantem Maße. Eine weitere mögliche Folge ist ein Atemnotsyndrom beim Baby. Dieses kann eine Folge zu hohem Blutzuckersbei der werdenden Mutter sein, weil hierdurch die Bildung von Surfacant behindert wird. Dieses ist aber wichtig, damit die Lungenbläschen nicht verkleben und sich die Lunge nach der Geburt aufblähen kann.

Fazit - Schwangerschaftsdiabetes

Wenn ihr schwanger seid beginnt damit ein neuer Abschnitt in eurem Leben. Neben der Veränderung der äußeren Umstände und der mentalen Bewältigung dieser neuen Situation, macht auch euer Körper in dieser Phase jede Menge durch. Insofern sind die Antennen möglicherweise nicht immer darauf ausgerichtet, die eigene Gesundheit minutiös zu überwachen. Trotzdem ist es gerade während einer Schwangerschaft wichtig, auf sich selbst und auch die eigene Ernährung zu achten. Denn je später ein Schwangerschaftsdiabetes festgestellt wird, desto schwerer ist dieser in der Regel in den Griff zu bekommen.

Das bedeutet nicht, dass ihr jedes Anzeichen von Müdigkeit zum Anlass nehmen solltet, euch sofort mit eurer Ärztin oder eurem Arzt in Verbindung zu setzen. Wenn sich aber mehrere Symptome zeigen, die auf einen Schwangerschaftsdiabetes schließen lassen, ist es in jedem Fall angeraten, dass ihr euch ärztlichen Rat einholt und baldmöglichst einen Termin für eine Untersuchung vereinbart.

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